Elisabeth (Devrim Lingnau) trägt einen fabelhaften Kragen, der ihr Gesicht verdeckt.

Die Kaiserin

Die mit dem International Emmy ausgezeichnete Serie aus Deutschland kehrt mit einer zweiten Staffel in den Palast zurück.

20. November 20247 MIN

Es ist Herbst und am österreichischen Kaiserhof herrschen unerwartet hohe Temperaturen. Selbst in T-Shirt und Jeans würde man schwitzen. Was sollen da erst die Damen sagen, die Reifröcke und fünf Kilo schwere Perücken tragen? Doch auch diese widrigen Umstände können die Stimmung am Set nicht trüben: Die Besetzung und die Crew sind begeistert, für die zweite Staffel von Die Kaiserin wieder vor der Kamera zu stehen. 

„Ein solcher Erfolg war für uns unvorstellbar“, sagt Katharina Eyssen, der kreative Kopf hinter der Serie. „Ich war sehr überrascht und überwältigt.“ Dabei hatte sie die erste Staffel, in der die Beziehung zwischen Kaiserin Elisabeth ‚Sissi‘ und Kaiser Franz Joseph von Österreich im Mittelpunkt stand, so angelegt, dass sie den Grundstein für eine umfassende Geschichte mit einer Fortsetzung legte.
Auch Devrim Lingnau und Philip Froissant, die Schauspieler, die Elisabeth und Franz verkörpern, hatten auf eine weitere Staffel gehofft. „Nach dem Staffelfinale und der ganzen Arbeit, die wir investiert haben, konnten wir uns nur schwer vorstellen, dass es das jetzt gewesen sein sollte“, sagt Lingnau fröhlich, trotz der schweren Perücke, die seit Stunden auf ihrem Kopf sitzt. Als der Anruf von Eyssen kam, war das „ein unglaublich schönes Gefühl“, sagt Froissant. Und auch die Gewissheit, dass wir als Ensemble wieder zusammenkommen werden, war großartig“, stimmt Lingnau zu. 

Gedreht wird nicht im österreichischen Schloss Schönbrunn, wo das echte Kaiserpaar einst residierte, sondern im deutschen Schloss Weissenstein, das sich im Privatbesitz der Grafen von Schönborn befindet. „Es ist nicht nur ein traumhaftes, einzigartiges Schloss, das perfekt zu unserer Geschichte passt, sondern auch eine absolut geeignete Spielstätte für eine so komplexe Produktion“, erklärt Eyssen. „Denn im Gegensatz zu Museen müssen private Schlösser während der Dreharbeiten nicht für die Öffentlichkeit geschlossen werden.“

Weissenstein ist eines der am besten erhaltenen Kulturdenkmäler Europas – von der stattlichen Barockfassade über die Kolonnaden und Statuen, die den Eingang säumen, bis hin zu dem beeindruckenden Deckenfresko im Treppenhaus. Bei der Ankunft fühlt man sich schnell um mehr als 160 Jahre in der Zeit zurückversetzt. Das Schloss bietet die perfekte Kulisse, um in die Lebenswelt der Kaiserin Elisabeth einzutauchen. 

Elisabeth (Devrim Lingnau) und Franz (Philip Froissant) gehen durch ein reich verziertes Wohnzimmer.

Elisabeth (Devrim Lingnau) und Franz (Philip Froissant)

Wie schon die erste Staffel, gewährt auch die zweite dem Publikum Einblicke in das komplexe Innenleben der Figuren am kaiserlichen Hof vor dem Hintergrund historischer Ereignisse. Die echte Elisabeth war zwar zu ihrer Zeit eine Ikone, litt jedoch unter einem ausgeprägten Schönheitswahn. Sie kämpfte bis zu ihrem Tod mit schweren Essstörungen. Bei ihrer Autopsie wurde festgestellt, dass sie so stark unterernährt war, dass sie an einem Hungerödem litt. Die Serie enthüllt Elisabeths unbekanntere, dunklere Seite. 

In der ersten Staffel wird sie eher als Freigeist präsentiert, aber es wird auch deutlich, dass die junge Frau manchmal am Rande der Verzweiflung ist. „Elisabeth ist ein ungezähmter Geist und leidet sehr unter den Zwängen dieses strengen Systems“, so Eyssen.  „Im weiteren Verlauf der Serie wird der Druck immer gröößer, denn Elisabeth kämpft nicht mehr nur für ihre eigene Unabhängigkeit, sondern auch für ihre Kinder. Die Kämpfe werden immer existenzieller.“ 

Auch die Beziehungen der Figuren zueinander entwickeln sich in der zweiten Staffel weiter.. „Ich freue mich darauf, den Zuschauern zu zeigen, wie Elisabeth und Franz in ihrer neuen Rolle als Eltern zusammenarbeiten“, sagt Lingnau. Die Schauspielerin freut sich auch auf ihre Szenen mit Erzherzogin Sophie (Melika Foroutan), der Mutter von Franz. „Der Konflikt zwischen den beiden Frauen spitzt sich zu, wird aber auch nuancierter dargestellt.“ 

Foroutan, die seit mehr als zwei Jahrzehnten in der deutschen Unterhaltungsindustrie tätig ist, spricht über die umfangreichen Vorbereitungen für die zweite Staffel. Wer glaubt, dass die schauspielerische Arbeit einfacher wird, wenn man reichlich Erfahrung gesammelt hat, der irrt. „Ganz im Gegenteil – ich hatte wirklich das starke Gefühl, eine Herausforderung zu meistern“, betont Foroutan. 

Erzherzogin Sophie fungiert als Gegenspielerin des jungen Paares. Die Schauspielerin sagt, dass Sophies Kälte, die sie ihren Kindern gegenüber oft zeigt, sie emotional besonders treffe. „Das sind Momente, die mich innerlich völlig zerreißen“, sagt Foroutan. Mit der unbedingten politischen Loyalität der Erzherzogin, die das Wohl der Monarchie über das ihrer Söhne stellt, kann sich die Schauspielerin nicht identifizieren.

Elisabeth (Devrim Lingnau) sitzt auf einigen Felsen am Wasser.

Elisabeth (Devrim Lingnau)

Sophies zweiter Sohn, Erzherzog Maximilian, gehört zu den Figuren, die am heutigen Tag vor der Kamera stehen. In einer Szene kehrt er nach langer Abwesenheit an den Hof seines Bruders zurück. „Maxi“ betritt das Schloss, lässt seinen Blick über das opulente Deckenfresko schweifen und atmet tief durch. Seine Mimik variiert mit jeder Einstellung: Mal wirkt der Erzherzog nervös, mal verzweifelt, mal resigniert. Schauspieler Johannes Nussbaum macht ohne Worte deutlich, dass in der Burg eine angespannte Atmosphäre herrscht, die mit der Rückkehr seiner Figur zusammenhängt. In der ersten Staffel ist Maxi einer der Widersacher seines Bruders, weil er es auf den Thron abgesehen hat. 

„Es macht immer Spaß, den Bösewicht zu spielen, weil man diese Figuren mit vielen Facetten gestalten kann“, sagt Nussbaum. „Meine Aufgabe ist es, dieser Figur Leben einzuhauchen, denn er ist ein Mensch, den ich verstehen muss. Jeder Mensch braucht Menschen in seinem Umfeld, die ihn lieben und die es zulassen, von ihm geliebt zu werden.“ Seine Figur geht jedoch zu weit. Dazu bemerkt der Schauspieler: „Er vergisst seine Familie, weil er unbedingt beachtet werden und sicherstellen will, dass er das bekommt, was ihm von Rechts wegen zusteht.“

Die Kaiserin konzentriert sich auf die Charaktere und ihre Beziehungen, ohne dass der historische Kontext an Bedeutung verliert. Die erste Staffel zeigt die vergeblichen Bemühungen des Kaisers, einen Krieg zu vermeiden. In einer Szene schickt Franz seine Soldaten an die russische Grenze und riskiert dabei Tausende Menschenleben. Eyssen erklärt: „Die große Herausforderung beim Schreiben besteht darin, die moralische Erkenntnis aus dieser politischen Situation mit dem Schicksal der Hauptfiguren zu verknüpfen und damit den Kontext hoffentlich auch für die Zuschauer von heute verständlich zu machen“.

Die Kaiserin hat ein Publikum weit über den deutschsprachigen Raum hinaus gefunden. Froissant sagt, er habe sogar Post von einem entfernten Verwandten des Kaisers erhalten. „Er schrieb mir und erzählte mir seine ganze Familiengeschichte und wie die Nachkommen von Franz und Elisabeth nach Großbritannien gekommen sind.“ Auch Eyssen hat Nachrichten aus aller Welt erhalten. Sie sagt: „Damit haben wir überhaupt nicht gerechnet“.

Besonders bewegend waren wohl die Worte von Zuschauern aus der Ukraine und dem Iran, die Eyssen schrieben und ihr dafür dankten, dass sie eine so starke weibliche Hauptfigur geschaffen hat. Diese Rückmeldungen beweisen, dass sie mit ihrem Instinkt richtig lag: „Es ist eine Liebesgeschichte, aber das ist meiner Meinung nach nicht der einzige Grund, warum die Serie so beliebt ist. Der Erfolg der Serie ist dadurch bedingt, dass sich die Handlung um weibliche Führungsqualitäten dreht.“